Ich bin 1970 geboren. Auf dem Land. Als Sohn einer Fahrschule. Als Jugendlicher habe ich meine Ferienjobs in einer Motoreninstandsetzung gemacht. Damit habe ich mir das Geld für meine Mopeds und meinen Golf GTI verdient. Heute habe ich ab und zu Gelegenheit, schnelle Autos fahren zu dürfen. Ja - ich habe Benzin im Blut. Und dann kam da dieser Samstag, der 30. März 2019. Und mit ihm das Ende einer Ära!

Achtung! Das wird ein untypischer Hartig-Blog. Es geht nicht so sehr um Fahrschule. Sondern um meine innere Gefühlswelt. Sie müssen das nicht lesen. Mich bewegt es aber dermaßen, dass ich darüber schreiben möchte. Vielleicht sind Sie liebe Leserin, lieber Leser, da schon durch. Oder es steht Ihnen noch bevor. Egal. Sie werden meine Gedanken richtig einzuordnen wissen.

Ich verstehe etwas von Verbrennungsmotoren. In meiner Jugend habe ich gelernt, sie komplett zu zerlegen und Instandzusetzen. Zylinder honen, Köpfe planschleifen, Kurbelwellen lagern, Kanäle polieren und Ventilsitze einschleifen. Zum Entsetzen meiner Mutter habe ich diesen Ferienjob geliebt. Oft knietief im Altöl stehend, immer mit kaputten Fingern und reichlich Dreck unter den Nägeln. Aber es gab dann immer diesen magischen Moment, wenn alles fertig war und die vielen beweglichen Teile zum ersten Mal wieder zum Leben erweckt wurden. Geil! Und ja, so ein aktueller 4-Liter V8 von AMG erzeugt bei mir richtig Gänsehaut.

Nun ist es Samstag, der 30. März 2019, 11:30 Uhr. Ich stehe im Service Center Nürnberg zur Abholung meines Tesla Model 3. Und mal ganz ehrlich: Alles, ausnahmslos alles im Zusammenhang mit der Beschaffung dieses Autos war anders. Und ich möchte darüber anhand von 3 Beispielen berichten, nicht um eine amerikanische Firma in den Himmel zu loben, sondern um zu beschreiben, wie gnadenlos meine Gewohnheiten gerade kopfstehen.

Mausklick statt Autohaus

Autos kauft man im Autohaus. Beim Verkäufer seines Vertrauens. Bei einer Tasse Kaffee und guten Beratungsgesprächen. Manchmal stundenlang. Man macht eine Probefahrt, beschnuppert verschiedene Ausstatungsvarianten. Das ist vertrauensbildend. Gibt ein gutes Gefühl für den investierten Betrag. Sie kennen das. Ist man sich einig, kommt es zum Vertrag. Seitenweise Kleingedrucktes. Acht Unterschriften an 10 verschiedenen Stellen. Durchschläge. Ausweiskopie & Co.

Das Auto, welches ich am 30. März in Empfang genommen habe, habe ich per Mausklick bestellt. Ein bisschen wie bei Amazon. Es geht nur um mehr Geld. Ich habe es nie zuvor gesehen. Eine Probefahrt habe ich auch nicht gemacht. Alles grob fahrlässig also. Für Vertrauen sorgt hier ein Vertragswerk, welches auf eine Seite passt. Und darin gibt es einen Killersatz: Ich kann das Auto 7 Tage lang zurückgeben. Fertig. So einfach kann Autokaufen gehen.

Begeisterung statt Protz

Autostadt. BMW-Welt. Glaspaläste. Und reichliches zur Schau stellen. So habe ich in der Vergangenheit mein neues Auto abgeholt. Und selbstverständlich bin ich von dem Protz und den reichlich hübschen Mädels beeindruckt. Aber ich frage mich auch, wer das alles bezahlt.

Mein Model 3 bekomme ich ganz nüchtern präsentiert. Empfangen werde ich von einem jungen Mann im T-Shirt. Aber er strahlt. Und das obwohl ja überall bekannt ist, dass Tesla in der Auslieferungshölle steckt. Und dieser Mensch, der mir gegenüber steht, bekommt das seit 4 Wochen im Dauerfeuer zu spüren. Er begrüßt mich mit einer Offenheit, die entwaffnet. Da gibt es kein strategisches Geplänkel. Statt dessen werde ich gesehen, bekomme seine maximale Aufmerksamkeit. Und ehrliche Antworten auf unangenehme Fragen von mir. Das macht Spaß. Und es bringt mich interessanterweise in eine Haltung, die Fehler verzeiht. Hier kann ich dazulernen. 

Einfachheit statt Flugzeugkonsolen

Und hier liegt die größte Wucht, mit der ich in eine neue Ära aufbreche. Klar ist dieser Elektromotor wie ein Katapult. Jedem zaubert diese unmittelbare Beschleunigung das Grinsen ins Gesicht. Die wirkliche Revolution liegt aber in der Einfachheit. Diesem Auto reicht ein Lenkrad, zwei Hebel und ein Touchscreen, fertig. Und dabei kann es bedienerseitig alles besser, als mein grundsolider und hochwertig ausgesatteter Oberklassewagen deutscher Herkunft. Sie müssen keinen Tesla kaufen. Aber bitte, setzen Sie sich mal hinter dieses Cockpit. Das ist absolut verblüffend. Das bricht mit allem, was unter deutschen Autofahrern jahrzehntelang kultiviert wurde. Und es funktioniert! 

Ich überlege mir, wie in diesem Auto eine Fahrstunde, besser noch, die gesamte Fahrausbildung ablaufen würde. Meine Synapsen knallen wie ein Sylvesterfeuerwerk. Drive easy heißt das Ausbildungskonzept. Und es bringt blitzschnelle Lernerfolge bei ganz wenig Fahrstunden. Und damit macht es Spaß. Ich glaube mein Fahrlehrerschein braucht dringend mal wieder ein Beschäftigungsverhältnis.

Tanken - Die neue Art der Zigarettenpause

Ich hatte eine Reservierung + Referal und habe damit 9 Monate lang den Supercharger umsonst. Das allein ist schon die Schau. Nach 300 km laufe ich den ersten Supercharger an. Ich habe mich nicht damit beschäftigt und auch keine Ahnung, was zu tun ist. Egal. Ich bin nicht der einzige, der nachtankt. Viele hilfsbereite Hände helfen, ich bekomme nützliche Tipps und Insiderwissen, worauf zu achten ist, was ich nicht tun sollte und es reift die Erkenntnis, dass die Ladestopps die neuen Zigarettenpausen sind. Gespräche. Menschen. Vielfalt. Zeit. Und viel zu schnell bimmelt mein Handy mit der Meldung: Akku voll! Bei klassischen Tankstellen geht es immer nur um Spritpreise und schnelles Bezahlen. Schon wieder alles auf dem Kopf.

Ja, diese Ära ist zu Ende!

Mein fossiler Verbrenner bekommt nochmal maximale Aufmerksamkeit. Ich räume für den Verkauf alles raus, schraube die schicken 20 Zoll drauf, sauge den Innenraum pingelig aus und wische liebevoll über die vielen Schalter und Knöpfe. Ein bisschen Wehmut habe ich schon. Das ist ein tolles Auto. Und seine vierflutige Edelstahl-Auspuffanlage brummt so schön sonor beim Beschleunigen. Aber wenn ich aus dem Tesla hier einsteige, komme ich mir vor wie in der Steinzeit. Das tut weh. War ich doch vor drei Tagen noch der Meinung, mit diesem Auto im automobilen Himmel zu sein. Aber diese Ära ist zu Ende. Definitiv. Und dabei möchte ich gerne klarstellen, dass ich keine politischen Ziele verfolge. Ich habe auch keine Lust auf diese nicht enden wollenden Rechthaberschlachten zwischen den "Fossilen" und den Ökoaktivisten. 

Nichts ist für die Ewigkeit! Dieses Beispiel hat mir das so deutlich vor Augen geführt, wie schon ganz lange nicht mehr. Und ich bin dankbar dafür. Und es bestätigt mich in unserem "WARUM?" bei FORTBILDUNG33.de: 

Bei allem was wir tun, glauben wir daran, den Status quo in Frage zu stellen. 
In Zeiten des Wandels bringt mutiges Andersdenken die Möglichkeit, eigene Zukunft aktiv zu gestalten.
Und darum passiert es einfach, dass wir mit mutigen, großartigen Fahrschulen in eine tolle Zukunft gehen dürfen.
Möchtest du mitkommen?

Übrigens: Wer einen top gepflegten, liebevoll gefahrenen Höchstgeschwindigkeitsverbrenner für schmale Kohle erwerben möchte, meldet sich bitte bei mir. Das gilt auch für alle, die über ein Referal gerne 1.500 km Supercharger kostenfrei nutzen möchten.

Ansonsten sehen wir uns. Kopfstehend. Vielleicht an einem Supercharger.

Nils Hartig
Im April 2019

Nachtrag

Ich habe den Blog vor einer Woche verfasst. Zwischenzeitlich gibt es also sieben weitere kopfstehende Tage eines Ärawechsels. Sei es diese unglaubliche Allradtraktion aus "nassen" Landstraßenecken heraus. Oder diese Meldung eines Morgens, dass mein Auto über Nacht ein Softwareupdate und damit 5% mehr Leistung bekommen habe. Die "DashCam-Möglichkeit, bei der die reichlich vorhandenen Kameras genutzt werden könnten, um aus allen Winkeln und Perspektiven die problematischen Prüfungsecken aufzuzeichnen. Oder einfach auch die Erkenntnis, das dass Gebläse bereits im Stand beim Schreiben des Fahrtenbuchs, angenehm warme Luft in mein tiefgaragenkaltes Auto bläst ... und, und und ... .

Und ich bin wieder erstaunt über mich. Diese Spaltmaße, hätte ich bei BMW niemals abgenommen. Auch den Lack nicht. Und die wellige hintere Türdichtung sieht auch merkwürdig aus. Aber das scheint angesichts der Revolution nicht mehr wichtig. Es ist nicht makellos - aber leider geil ;-)